Montag, 19. März 2012

Angsthasen

Unlängst habe ich mit einem Pferd gearbeitet, das ein "Angsthase" ist. Sein Besitzer hat mir gesagt, dass es vor allem und jedem grundlos erschrickt , "dabei ist da doch gar nix".
Wie ist da also mit der Angst?
Prinzipiell gehören Angst und Stress in den Bereich eines Alarmsignals, das alle Hebel in Bewegung setzen soll, wenn die Sinne etwas entdeckt haben, das Gefahr mit sich bringt. Das ist bei allen sog. höheren Lebewesen das gleiche.
In wenigen Augenblicken muss eine Entscheidung getroffen werden, ob es geschickter ist zu fliehen oder zu kämpfen. Normalerweise entspannt sich der Mensch oder das Tier sofort wieder, wenn die entsprechende Situation vorbei ist.
Nun kommt es aber mitunter - genaugenommen gar nicht so selten bei uns Menschen und zunehmend leider auch bei unseren Tieren - dazu, dass dieses Prinzip quasi überstrapaziert wird und sich die Flucht-oder-Kampf-Achse nicht wieder herunterfährt. Das heißt, das Lebewesen bleibt die ganze Zeit in einem unterschwelligen Alarmzustand. Dann reicht ein kleiner Anlass, und das System fährt auf Hochtouren. Geschieht das andauernd, brennen gleichsam die Sicherungen durch und die gezeigte Reaktion steht in keinerlei Verhältnis zum Anlass, ja sie erfolgt bereits bei vermuteten Gefahren, was viele Reiter als "das Pferd sieht Gespenster" beschreiben.
Ist ein Lebewesen über längere Zeit in diesem Zustand, so hilft ihm kein noch so gut gemeinter Rat, keine noch so rational begründete Erklärung, denn wir haben ja gesehen, dass sich die Angst schon längst verselbständigt hat und gar keinen realen Grund mehr braucht. Schon alleine die Vorstellung von einer bedrohlichen Situation reicht aus, um Großalarm auszulösen.
Es nützt auch überhaupt nichts, vom Betroffenen "ein bisschen mehr Courage" zu fordern. Sein Problem ist nämlich nicht der Mut, sondern die Angst; mit der kann er nicht umgehen.
Wie sagt Franz Kafka so schön:
"Die Furcht ist das Unglück, deshalb aber ist nicht Mut das Glück, sondern Furchtlosigkeit."
Zuerst muss man sich der Angst annehmen und dem Lebewesen beibringen, wie es damit umgeht. Bei Pferden ist der erste Schritt zumeist, dass man ihnen zeigt, wie sie sich nach einer Aufregung schneller wieder "herunterfahren". Das stärkt zunächst das Selbstvertrauen, weil sie sich subjektiv als kompetenter erleben und erfahren, dass sie dieses schreckliche Gefühl unterbrechen und damit bis zu einem gewissen Grad kontrollieren können. Erst wenn dies geschehen ist, ist der Boden für einen neuen Umgang geebnet.
Aus grenzenloser Angst wird zuerst eingeschränkte, später kontrollierte Angst. Dadurch erlebt sich das Individuum als kompetent, also es erfährt etwas über seine Fähigkeiten. Erst dann kann es beginnen, seine Stärken zu erforschen. Der Mut steht also ganz am Ende eines komplexen Prozesses.
Und erst wenn ein Wesen an diesem Punkt angekommen ist, kann es der Angst aktiv etwas entgegensetzen.

Erst dann wird möglich, was Martin Luther King so wunderschön fordert:
"Wir müssen immer wieder Deiche des Mutes gegen die Flut der Angst errichten."

Sonntag, 4. März 2012

Leben ist nicht genug

Leben ist nicht genug, sagte der Schmetterling:
Sonnenschein, Freiheit und eine kleine Blume 
gehören auch dazu.

H.Ch. Andersen

Was nährt ein Lebewesen? Was brauchen wir, wir alle, die hier auf dieser Erde existieren, um die beste Version unseres Selbst zu leben?
Ich glaube, dass es sehr individuelle Bedürfnisse sind, die jedes einzelne Lebewesen hat, um all das auszudrücken, was in ihm steckt. Was dem einen seine Erleuchtung, ist dem anderen sein Heim oder eine Reise um die Welt oder die Zeit mit seinen Freunden oder ein Ausritt durch den Herbstwald oder...
Ganz egal, in der Quintessenz ist das alles
Sonnenschein, Freiheit und eine kleine Blume.