Dienstag, 10. April 2012

Heilige Scheiße...

"All dieser Positiv-Denken-Bullshit versucht, das Leben, wie es ist, zu negieren und Kontrolle darüber zu erlangen. Aber du erreichst das Licht nicht, indem du dir schillernde Lichter vorstellst, sondern indem du in den Untergrund gehst und dich mit dem auseinandersetzt, was ich die Schatten nenne. Zumindest in meiner Erfahrung gibt es keinen anderen Weg." (www.abdiassadi.com, Presse)

Ich habe gerade ein wenig von einem New Yorker Heiler und Autor ("Schatten auf dem Pfad") namens Abdi Assadi gelesen. Der Mann nimmt sich kein Blatt vor den Mund und schreibt sehr kluge Sachen über das Leben und das Lernen und die Seele. Dabei kommt er ganz ohne rosa getünchtes New-Age-Spiritualitäts-Tingeltangel aus.
Sehr befreiend. Sehr ehrlich. Sehr hart.
Denn er macht eines ganz deutlich: Es führt kein Weg daran vorbei, bis in die letzten Winkel deines Seins vorzudringen, wenn du dich entwickeln willst

Kein Skelett, und sei es noch so alt und vergessen, kann in unserem Keller liegen bleiben - und wir tun einfach so, als wäre alles super und richten uns das Erdgeschoß und den Oberstock fesch her und glauben, unsere Seele merkt es dann nicht...
Nur was IST, wirklich voll und ganz so ist, hat Wert. Sein wollen, sein sollen, gewesen sein oder sein werden - das kannst du alles vergessen.
Mich begleitet ein Satz, der sich Gott sei´s gedankt immer dann in mein Hirn schiebt, wenn ich -wieder einmal - etwas anstrebe oder versuche, einem wie auch immer gearteten und oft hausgemachten Kodex zu genügen:
Ich bin, die ich bin; nicht besser, nicht schlechter, nicht anders.

Das hat keineswegs die Bedeutung "so bin ich halt, da kann man nix machen", sondern es setzt mich augenblicklich zurück ins hier und jetzt: Jetzt bist du genau SO, schau es dir ohne Illusionen oder Schuldgefühle an und dann arbeite genau damit. Nur dann kann wirklich etwas passieren.
Morgen bin ich vielleicht schon ganz ein anderer, aber für den gilt in diesem Augenblick wieder genau das gleiche: Ich bin, die ich bin. Nicht besser, nicht schlechter, nicht anders.

Genau das ist es, was unsere Pferde von uns wollen. Sei einfach genau der, der du grade bist; sei ehrlich zu dir selbst und zu mir; der Rest wird sich finden.
Körpersprache zur Kommunikation mit unseren Tieren ist gut. Horsemanship, Pferdeflüstern, Positionsarbeit - alles wunderbar. Aber nur unter der Voraussetzung, dass dem ganzen Getanze ums goldene Pferd eine ehrliche und grundlegende Arbeit des Menschen an sich selbst vorausgeht. Oder zumindest parallel dazu stattfindet. Sonst bleibt es einfach ein Kokettieren und Posen unseres Egos. Funktioniert auch, bis zu einem gewissen Grad. Hinterlässt allerdings einen faden Nachgeschmack von Abschätzigkeit und Manipulation.

Lern all diese Dinge, probiere sie aus, wende sie an - aber mach sie aus ganzem Herzen und mit der Intention, aus tiefster Seele deine aufrichtige Freundschaft anzubieten. Und sei der Seele im Fell dankbar, dass sie dich einfach so nimmt, wie du bist.

Donnerstag, 5. April 2012

Menschliches

"Es ist nicht eine blinde Macht von außen, deren Spielball wir sind, sondern es ist die Summe der Gaben, Schwächen und anderer Erbschaften, die ein Mensch mitgebracht hat."
Hermann Hesse

Wir alle, Mensch wie Tier, kommen mit einem bestimmten "Startpaket" auf diese Welt. Dieses Paket beinhaltet einerseits unsere genetische Prägung, also unsere biologische Ausstattung, sowie unsere Persönlichkeit im Sinne eines psychischen "Strickmusters" und unsere energetische Prägung, die gleichsam die Blaupause für die beiden anderen Elemente beinhaltet sowie unsere Möglichkeit zur Entwicklung unserer seelischen und spirituellen Qualitäten.

Früher hat man angenommen, dass unser Startpaket unsere Möglichkeiten extrem einschränkt; die Gene sollen angeblich alles vorherbestimmen, von unserem Aussehen über die Krankheiten, die wir durchmachen müssen bis hin zum möglichen Lebensalter, das wir erreichen können. Mittlerweile hat der Wissenschaftszweig der Epigenetik, der sich mit dem Einfluß des Umfeldes und der Umwelt auf das Lebewesen bzw auf seine Gene beschäftigt, herausgefunden, dass Gene durch die unterschiedlichsten Einflüsse aktiviert oder aber abgeschaltet werden können. Fazit: Nix ist fix!

Ähnlich verhält es sich mit unserer Psyche. Frühkindliche Erlebnisse, Eltern, Lehrer, Freund und Feind, einfach alles hinterlässt einen Eindruck in unserer Seele. Gewisse Ereignisse erleben wir als traumatisch, sie hinterlassen erst Wunden, dann Narben in unserer Seele. Jeder von uns kennt Menschen, die noch im reifen Alter ihre unerfreuliche Kindheit oder die böse Stiefmutter für ihr "verpatzes Leben" verantwortlich machen.
Seltsam nur, dass es Menschen gibt, die besonders schreckliche Dinge erlebt haben und sich trotzdem zu wunderbaren, liebevollen und erfolgreichen Individuen entwickelt haben...

Was also macht den Unterschied?

Wir können uns nicht immer aussuchen, womit uns das Leben konfrontiert. Egal, was geschieht, wir reagieren darauf. Aber wie ich auf etwas reagiere - ich meine dabei nicht in der ersten Sekunde sondern on the long run - das liegt immer bei mir. Immer. Und NUR bei mir.
Das ist der Unterschied. Der eine macht aus seinem Drama letztendlich eine "Heldenreise", wo er durch Irrtum, Gefahr und Leid durchkommt und am Ende des Weges etwas klüger, etwas gelassener und etwas verständnisvoller dasteht. Der andere macht aus demselben Stoff eine Tragödie, in der der Hauptakteur vom Schmerz überwältigt am Ende zerbricht.
Offenbar erschaffen wir durch unsere Reaktionen auf die Herausforderungen des Lebens unser eigenes Drehbuch, unsere eigene Geschichte.
Und wenn es denn so ist, wenn Leben bedeutet, seine eigene Geschichte zu schreiben, dann möchte ich eine schöne Geschichte schreiben. Oder eine mutige. Oder eine lustige. Vielleicht auch eine schräge, wer weiß...aber auf jeden Fall eine, hinter der ich mit Leib und Seele stehen kann.