Wir alle sind eingebunden in ein vielmaschiges Netz aus Beziehungen. Wie der Volksmund so schön sagt, "kein Mensch ist eine Insel". Wir sind Lebewesen, die soziale Kontakte ebenso sehr brauchen wie die Luft zum Atmen. Durch die Interaktion mit unseren Mitmenschen erleben und erfahren wir uns zu einem guten Teil auch selbst.
Wie ein Pferd in seiner Herde so fühlen auch wir uns am ehesten in einer stabilen Gemeinschaft mit unseren Artgenossen geborgen.
Doch diese Geborgenheit hat ihren Preis. Wir müssen uns an die geltenden Regeln halten, die "üblichen" Pflichten gegenüber der Gemeinschaft und ausgewählten Einzelindividuen erfüllen, die gängigen Tabus beachten und uns, wenn irgend möglich, nicht zu weit von der "Norm" entfernen.
Normalerweise, das heißt, wenn unsere ureigensten Bedürfnisse mit den Bedürfnissen der Gruppe weitestgehend übereinstimmen, ist das gar kein Thema. Es geschieht quasi von selbst.
Erst wenn sich etwas in uns aufmacht, die eigenen Grenzen auszuloten, wenn es uns nach Erkenntnis, Erfahrung, Erweiterung oder manchmal einfach nur nach Abenteuern gelüstet, spüren wir, wie sich das oben genannte Netz um uns herum zusammenzieht. Was uns sonst zur Sicherheit gereicht, wird plötzlich zum Käfig. Wie ein ins Netz gegangener Fisch beginnen wir zu zappeln und versuchen, uns mehr Raum zu schaffen. Aber jede Bewegung scheint dazu zu führen, dass wir uns mehr in den Maschen verfangen.
Die Fäden zerren an uns und erinnern uns daran, dass wir unsere Verpflichtungen zu erfüllen haben.
Das ist der Augenblick, in dem wir uns fragen müssen, wo unsere Wertigkeiten, unsere Prämissen liegen. Können wir unseren Weg weiter innerhalb des alten Systems gehen oder müssen wir das Netz zerreißen?
Tauschen wir Geborgenheit gepaart mit Abhängigkeit gegen Freiheit, die wir mit einem gewissen Maß an Einsamkeit bezahlen? Haben wir den Drang - und den Mut! - für uns selbst zu stehen, weil wir letztendlich gar nicht anders können? Und wie viel zerbrochenes Porzellan wollen und können wir dabei produzieren?
Auf diese Fragen gibt es weder eine universelle noch eine allgemein gültige Antwort.
Wir müssen uns jedes Mal aufs Neue fragen, unsere Seele, unser Herz und unser Gewissen prüfen und dann das tun, was uns richtig erscheint. Manches Mal landen wir auf den Füßen. Manches Mal geraten wir aber auch vom Regen in die Traufe...
Trotzdem müssen wir unseren Horizont erweitern, wenn wir wirklich herausfinden wollen, wer wir sind. Daher - auch wenn es mitunter schmerzhaft ist:
Bei meiner Seel', ich bleib mir selber treu!