Montag, 17. Dezember 2012

...innen Granit

Ich bin auf einen blinden Fleck gestoßen.
Ist sicher nicht mein einziger, aber den einen, den hab ich erwischt.
Und zum ersten Mal war mir so richtig klar, warum uns das Leben manchesmal an die absoluten Grenzen unserer Belastbarkeit/Geduld/Hilfsbereitschaft etc.pp. bringt: Dort, jenseits der Demarkationslinie unseres wohlkonzertierten Bewußtseins, gleichsam im wilden Wilden Westen unseres Selbst, liegen sie, die Untiefen, die (zumindest dem Ego) todbringenden Klippen. Da, im unkultivierten, "unethischen" - das heißt nicht moralisch gefilterten- Unterbewußten, da beißen wir plötzlich auf Granit.
Es ist als ob der innere Steuermann, erschöpft durch Krankheit, Überforderung oder einfach dem Leben an sich, das Ruder losgelassen hätte. Und plötzlich taumelt unser vermeintlich seefester Ozeanriese wie eine kleine Nußschale in den Wellen, hier- und dahin gezogen von den Strömungen, nicht mehr imstande, Widerstand zu leisten. Und schließlich werden wir hineingezogen in das gefährliche, unkontrollierbare Wasser beim Riff, mit seinen Untiefen und tückischen Klippen, die nur darauf warten, dass unser so fein gefügtes Selbstbild an ihnen zerschellt.
Das ist der Moment, wo wir beinhart und gnadenlos sind mit denen, die wir eigentlich lieben.
Unser sonst allgegenwärtiges Verständnis und Mitgefühl scheint an diesem Ort nicht zu existieren. Nichts Warmes, Liebevolles kann uns dorthin folgen, und nichts außer eisiger Kälte geht an diesem Ort von uns aus.
In meinem Meer aus Gefühl, Verständnis und Liebe baut sich ein Felsen aus Kälte auf, ist...innen Granit.
Aber worauf gründet dieser Fels? Warum kann er dort existieren?
Meist sind wir so entsetzt von diesen Bereichen unserer Seele, dass wir so schnell wir können Reißaus nehmen, uns wieder in die sicheren Gestaade unseres Bewußtseins begeben und die Begegnung mit unserer eigenen Hölle als schrecklichen Ausrutscher, der nie wieder vorkommen soll, deklarieren.
Aber wenn wir so müde, so bis in die Knochen erschöpft sind, dass wir einfach nicht mehr davonrennen können vor diesem Ort, dann bleiben wir manchesmal lange genug stehen und starren den Granitbrocken in unserer Seele an. Und plötzlich können wir ihn sehen, den Urgrund für den blinden, den toten Fleck in uns selbst.
Es ist Schmerz. Es ist immer Schmerz.
Und unser Auftrag, gegen den wir uns so gewehrt haben, zu dem man uns gleichsam zwingen musste, ist uns selbst da abzuholen. Das kleine Kind, der abgerackerte Mann, die nicht gewürdigte Mutter, die verspottete Freundin, der im Stich gelassene Kollege, der von der Welt vergessene alte Mensch in uns, egal welcher Teil auch immer, der nicht von uns gesehen werden wollte in seiner Verletztheit, steht da auf der Klippe im Eismeer und verströmt Kälte, während er selbst erfriert.
Hol ihn da raus.
Schau ihn einfach an, den Teil von Dir, der nicht in das Konzept - Dein Konzept! - vom netten, klugen, entspannten, selbstsicheren usw. Menschen gepasst hat, der Du sein möchtest. Schau ihn an, den Teil, den Du rausfilterst.
Du musst ihn nicht gut finden; Du musst ihn nicht mögen. Du musst nur anerkennen, dass er da ist. Und dass er leidet. Nicht mehr und nicht weniger.
Irgendwann später, wenn das alles geschafft ist, wirst Du ihn verstehen. Ihn gern haben. Ihn und alle die Wesen da draußen in der Welt, die so sind wie er.
Denn in diesem einen Moment löst sich der Schmerz auf und entzieht dem Felsen in Dir den Boden.
Und Dein Meer plätschert sanft an Deine neu eroberte Küste.


Freitag, 5. Oktober 2012

Nachts um halbdrei...

Ich bin aufgewacht, weil die Gedanken in meinem Kopf schwirren wie wildgewordene Bienen beim unkontrollierten Schwärmen - wo war doch gleich die Königin?

Wie ein führerloses Motorboot auf Vollgas brechen die Sorgen - ganz banale, alltägliche, sinnlose Sorgen - ein in das Meer meiner Träume und stören die sanft plätschernden Wogen meines Schlafes.

Welcher Depp hat denn den Motor aufgedreht und wo, verdammt nochmal, ist der Kapitän?!

Ich hab ihn wohl selbst angelassen, den Motor, und der Sprit, der nie auszugehen scheint, sind die tausendunddreizehn sinnlosen Ängste, die ich in mir schüre. Und miserabler Kapitän, der ich bin, steh ich an den Gestaden meines Selbst und schau dem wildgewordenen Boot beim Wüten zu.

Ich greife zu dem Buch auf meinem Nachttisch - Quellen des Zen, ich habs von meinem Papa geerbt und mir gedacht, ich könnte es endlich einmal lesen - und schlage auf:

1. Koan: Joshus "Mu"
Ein Mönch fragte einmal Meister Joshu: "Hat ein Hund die Buddha-Natur oder nicht?"
Joshu sagte:"Mu!"

Na so was.
Was sagst Du dazu, Papa?

Um es kurz zu machen, auch nach der Lektüre der Einführung in das Gesamtwerk sowie der zu diesem speziellen Koan gehörigen Erläuterungen bin ich der Sache um keinen Millimeter näher gekommen. Es beschleicht mich lediglich der Gedanke, dass der große japanische Geist von damals doch etwas anders tickt als der meinige kleine heute.
Vielleicht lehnen sich die Meister solange gegen die Wand der Gedanken, bis sie niederbricht und den Weg freigibt zum wahren Wesen der Dinge, wer weiß...

Ich lehne mich eher gegen die Wand der Definition von Wo-höre-ich-auf-und-wo-fängst-du-an.
Das ist die Grenze, die verschwimmt und irgendwann verschwindet, wenn ich mich ganz auf die Energie eines anderen Lebewesens einlasse. Vielleicht gibt auch diese Wand schließlich den Weg frei zum wahren Wesen der Dinge, wer weiß...

Sollte ich dort, auf dem letzten Weg zum Kern der Sache, dem Meister Joshu begegnen, muss ich ihn aber trotzdem fragen, was es mit dem "Mu" auf sich hat.

Sonntag, 5. August 2012

...so sprach der Poet

Ich habe nach langer Zeit wieder einmal die Muße gehabt, die Bücher meines Lieblingsdichters R. Tagore zur Hand zu nehmen. Als ich vor mehr als 20 Jahren in Indien ein kleines, in rotes Leder gebundenes Büchlein von einer lieben Freundin geschenkt bekam - "Gitanjali, by Rabindranath Tagore", hatte ich mit Poesie - schon gar mit indischer, in ein altmodisches Englisch übersetzter - nicht wirklich viel am Hut.
Trotzdem...war ich irgendwie berührt.
Und seitdem haben mich diese Gedichte und Gedanken begleitet.
Und jetzt, beim Schmökern in einer deutschen Ausgabe von "Der Gärtner", bin ich auf dieses kleine Poem gestoßen und hab mich gefreut...

"Oft frag ich mich, wo liegen die verborgnen Grenzen des Erkennens zwischen Mensch und Tier; kennt es doch unsre Sprache nicht.
Durch welches Erstlingsparadies am fernen Schöpfungsmorgen lief der schlichte Pfad, auf dem sie zueinanderkamen?
Die Spuren ihres langen Miteinander-Gehens sind nicht verwischt, auch wenn die gleiche Abkunft längst vergessen ist.
Doch jäh erwacht ein dunkles Erinnern bei irgendeiner wortlosen Musik, und in des Menschen Antlitz späht das Tier in zärtlichem Vertrauen, und nieder schaut der Mensch in seine Augen mit froher Liebe.
Es scheint, verkleidet treffen sich die beiden Freunde, erkennen sich nur unklar hinter ihrer Maske."

Da gibt's nichts mehr hinzuzufügen, oder?   ;-)

Dienstag, 5. Juni 2012

Abschied

Eine liebe Freundin verläßt heute Deutschland um in einem fernen asiatischen Land zu leben. 
Die Entscheidung hat sie vor kurzem sehr spontan getroffen.
Sie hat nur wenige Minuten von mir entfernt gewohnt.
Wir waren ja beide so beschäftigt, wir haben uns selten gesehen.

Als es möglich war, haben wir uns nicht die Zeit genommen.
Jetzt nimmt uns die Zeit die Möglichkeit.


Dienstag, 29. Mai 2012

Einbildung und Einstellung

Jeder kennt das: Du willst etwas unbedingt, du setzt deinen ganzen Willen und deine ganze Kraft dahinter, aber was auch immer du anstellst - es kommt nicht das dabei heraus, was du dir vorgestellt hast.
Trotz all dem positiv Denken, aller möglichen Affirmationen, allem "zielgerichteten" Handeln - das Ergebnis sieht bestenfalls nach blindem Aktionismus aus. Extrem unbefriedigend. Extrem frustrierend.

Warum?

Es ist wie beim Reiten: Du willst eine bestimmte Übung reiten, Du willst nach links, Du schaust nach links - aber dein Pferd marschiert immer schnurstracks nach rechts. Irgendwas in deinem Körper sagt offenbar etwas anderes als dein Kopf.
Das Leben reagiert genauso wie dein Pferd. Wenn dein ganzes Wesen, dein ganzer Körper nach rechts gewendet ist und du schielst nur mit deinen Augen auf ein Ziel ganz links, gehts trotzdem diretissima auf die rechte Seite.
Wie das passiert, kann man ganz einfach ausprobieren: Halte deinen Körper weiter starr nach rechts gewendet, peile mit deinen Augen dein Ziel ganz weit links an und gib deinen Beinen den Befehl "Marsch", ohne deine Körperausrichtung zu korrigieren. Dein Körper gehorcht zwar deinem mit viel Nachdruck=Willenskraft gegebenen Marschbefehl, aber weil alles außer deiner Vorstellung noch immer nach rechts gewendet ist, landest du - wo? Na rechts, natürlich.
Ist das jetzt ein Fehler des Schicksals? Eine Gemeinheit der Vorsehung? Oder einfach eine logische Folge dessen, dass deine Einstellung nicht deiner Einbildung gefolgt ist...

Eigentlich wäre die Theorie glasklar und in sich absolut schlüssig:

1. der Fokus = was will ich

2. das Anpeilen = wo/in welche Richtung liegt mein Ziel

3. die Einstellung bzw. das Ausrichten des gesamten Wesens auf das ins Auge gefasste Ziel = wenn ich nach links will,  muss ich mich auch insgesamt nach links drehen

4. das Handeln = ich setzte mich in Bewegung

Punkt 1,2 und 4 kriegen wir meist ganz gut hin.
Bei 1. und 2. geht es darum, sich ein Bild zu machen. Das ist prinzipiell goldrichtig und unerlässlich, und wenn einem dabei positive Gedanken und Affirmationen helfen - wunderbar!
Aber wenn wir Punkt 3 überspringen und gleich mit 4. dem Handeln beginnen, ist das schöne Bild zu einer bloßen Einbildung verkommen.
Warum? Ganz einfach weil wir den wirklich mühsamen Teil des Prozesses übersprungen haben, nämlich den, unsere Einstellung zu verändern...

Es ist wie beim Reiten, oder?

Lieben Gruß und euch allen einen schönen Tag!
Daya

Dienstag, 10. April 2012

Heilige Scheiße...

"All dieser Positiv-Denken-Bullshit versucht, das Leben, wie es ist, zu negieren und Kontrolle darüber zu erlangen. Aber du erreichst das Licht nicht, indem du dir schillernde Lichter vorstellst, sondern indem du in den Untergrund gehst und dich mit dem auseinandersetzt, was ich die Schatten nenne. Zumindest in meiner Erfahrung gibt es keinen anderen Weg." (www.abdiassadi.com, Presse)

Ich habe gerade ein wenig von einem New Yorker Heiler und Autor ("Schatten auf dem Pfad") namens Abdi Assadi gelesen. Der Mann nimmt sich kein Blatt vor den Mund und schreibt sehr kluge Sachen über das Leben und das Lernen und die Seele. Dabei kommt er ganz ohne rosa getünchtes New-Age-Spiritualitäts-Tingeltangel aus.
Sehr befreiend. Sehr ehrlich. Sehr hart.
Denn er macht eines ganz deutlich: Es führt kein Weg daran vorbei, bis in die letzten Winkel deines Seins vorzudringen, wenn du dich entwickeln willst

Kein Skelett, und sei es noch so alt und vergessen, kann in unserem Keller liegen bleiben - und wir tun einfach so, als wäre alles super und richten uns das Erdgeschoß und den Oberstock fesch her und glauben, unsere Seele merkt es dann nicht...
Nur was IST, wirklich voll und ganz so ist, hat Wert. Sein wollen, sein sollen, gewesen sein oder sein werden - das kannst du alles vergessen.
Mich begleitet ein Satz, der sich Gott sei´s gedankt immer dann in mein Hirn schiebt, wenn ich -wieder einmal - etwas anstrebe oder versuche, einem wie auch immer gearteten und oft hausgemachten Kodex zu genügen:
Ich bin, die ich bin; nicht besser, nicht schlechter, nicht anders.

Das hat keineswegs die Bedeutung "so bin ich halt, da kann man nix machen", sondern es setzt mich augenblicklich zurück ins hier und jetzt: Jetzt bist du genau SO, schau es dir ohne Illusionen oder Schuldgefühle an und dann arbeite genau damit. Nur dann kann wirklich etwas passieren.
Morgen bin ich vielleicht schon ganz ein anderer, aber für den gilt in diesem Augenblick wieder genau das gleiche: Ich bin, die ich bin. Nicht besser, nicht schlechter, nicht anders.

Genau das ist es, was unsere Pferde von uns wollen. Sei einfach genau der, der du grade bist; sei ehrlich zu dir selbst und zu mir; der Rest wird sich finden.
Körpersprache zur Kommunikation mit unseren Tieren ist gut. Horsemanship, Pferdeflüstern, Positionsarbeit - alles wunderbar. Aber nur unter der Voraussetzung, dass dem ganzen Getanze ums goldene Pferd eine ehrliche und grundlegende Arbeit des Menschen an sich selbst vorausgeht. Oder zumindest parallel dazu stattfindet. Sonst bleibt es einfach ein Kokettieren und Posen unseres Egos. Funktioniert auch, bis zu einem gewissen Grad. Hinterlässt allerdings einen faden Nachgeschmack von Abschätzigkeit und Manipulation.

Lern all diese Dinge, probiere sie aus, wende sie an - aber mach sie aus ganzem Herzen und mit der Intention, aus tiefster Seele deine aufrichtige Freundschaft anzubieten. Und sei der Seele im Fell dankbar, dass sie dich einfach so nimmt, wie du bist.

Donnerstag, 5. April 2012

Menschliches

"Es ist nicht eine blinde Macht von außen, deren Spielball wir sind, sondern es ist die Summe der Gaben, Schwächen und anderer Erbschaften, die ein Mensch mitgebracht hat."
Hermann Hesse

Wir alle, Mensch wie Tier, kommen mit einem bestimmten "Startpaket" auf diese Welt. Dieses Paket beinhaltet einerseits unsere genetische Prägung, also unsere biologische Ausstattung, sowie unsere Persönlichkeit im Sinne eines psychischen "Strickmusters" und unsere energetische Prägung, die gleichsam die Blaupause für die beiden anderen Elemente beinhaltet sowie unsere Möglichkeit zur Entwicklung unserer seelischen und spirituellen Qualitäten.

Früher hat man angenommen, dass unser Startpaket unsere Möglichkeiten extrem einschränkt; die Gene sollen angeblich alles vorherbestimmen, von unserem Aussehen über die Krankheiten, die wir durchmachen müssen bis hin zum möglichen Lebensalter, das wir erreichen können. Mittlerweile hat der Wissenschaftszweig der Epigenetik, der sich mit dem Einfluß des Umfeldes und der Umwelt auf das Lebewesen bzw auf seine Gene beschäftigt, herausgefunden, dass Gene durch die unterschiedlichsten Einflüsse aktiviert oder aber abgeschaltet werden können. Fazit: Nix ist fix!

Ähnlich verhält es sich mit unserer Psyche. Frühkindliche Erlebnisse, Eltern, Lehrer, Freund und Feind, einfach alles hinterlässt einen Eindruck in unserer Seele. Gewisse Ereignisse erleben wir als traumatisch, sie hinterlassen erst Wunden, dann Narben in unserer Seele. Jeder von uns kennt Menschen, die noch im reifen Alter ihre unerfreuliche Kindheit oder die böse Stiefmutter für ihr "verpatzes Leben" verantwortlich machen.
Seltsam nur, dass es Menschen gibt, die besonders schreckliche Dinge erlebt haben und sich trotzdem zu wunderbaren, liebevollen und erfolgreichen Individuen entwickelt haben...

Was also macht den Unterschied?

Wir können uns nicht immer aussuchen, womit uns das Leben konfrontiert. Egal, was geschieht, wir reagieren darauf. Aber wie ich auf etwas reagiere - ich meine dabei nicht in der ersten Sekunde sondern on the long run - das liegt immer bei mir. Immer. Und NUR bei mir.
Das ist der Unterschied. Der eine macht aus seinem Drama letztendlich eine "Heldenreise", wo er durch Irrtum, Gefahr und Leid durchkommt und am Ende des Weges etwas klüger, etwas gelassener und etwas verständnisvoller dasteht. Der andere macht aus demselben Stoff eine Tragödie, in der der Hauptakteur vom Schmerz überwältigt am Ende zerbricht.
Offenbar erschaffen wir durch unsere Reaktionen auf die Herausforderungen des Lebens unser eigenes Drehbuch, unsere eigene Geschichte.
Und wenn es denn so ist, wenn Leben bedeutet, seine eigene Geschichte zu schreiben, dann möchte ich eine schöne Geschichte schreiben. Oder eine mutige. Oder eine lustige. Vielleicht auch eine schräge, wer weiß...aber auf jeden Fall eine, hinter der ich mit Leib und Seele stehen kann.


Montag, 19. März 2012

Angsthasen

Unlängst habe ich mit einem Pferd gearbeitet, das ein "Angsthase" ist. Sein Besitzer hat mir gesagt, dass es vor allem und jedem grundlos erschrickt , "dabei ist da doch gar nix".
Wie ist da also mit der Angst?
Prinzipiell gehören Angst und Stress in den Bereich eines Alarmsignals, das alle Hebel in Bewegung setzen soll, wenn die Sinne etwas entdeckt haben, das Gefahr mit sich bringt. Das ist bei allen sog. höheren Lebewesen das gleiche.
In wenigen Augenblicken muss eine Entscheidung getroffen werden, ob es geschickter ist zu fliehen oder zu kämpfen. Normalerweise entspannt sich der Mensch oder das Tier sofort wieder, wenn die entsprechende Situation vorbei ist.
Nun kommt es aber mitunter - genaugenommen gar nicht so selten bei uns Menschen und zunehmend leider auch bei unseren Tieren - dazu, dass dieses Prinzip quasi überstrapaziert wird und sich die Flucht-oder-Kampf-Achse nicht wieder herunterfährt. Das heißt, das Lebewesen bleibt die ganze Zeit in einem unterschwelligen Alarmzustand. Dann reicht ein kleiner Anlass, und das System fährt auf Hochtouren. Geschieht das andauernd, brennen gleichsam die Sicherungen durch und die gezeigte Reaktion steht in keinerlei Verhältnis zum Anlass, ja sie erfolgt bereits bei vermuteten Gefahren, was viele Reiter als "das Pferd sieht Gespenster" beschreiben.
Ist ein Lebewesen über längere Zeit in diesem Zustand, so hilft ihm kein noch so gut gemeinter Rat, keine noch so rational begründete Erklärung, denn wir haben ja gesehen, dass sich die Angst schon längst verselbständigt hat und gar keinen realen Grund mehr braucht. Schon alleine die Vorstellung von einer bedrohlichen Situation reicht aus, um Großalarm auszulösen.
Es nützt auch überhaupt nichts, vom Betroffenen "ein bisschen mehr Courage" zu fordern. Sein Problem ist nämlich nicht der Mut, sondern die Angst; mit der kann er nicht umgehen.
Wie sagt Franz Kafka so schön:
"Die Furcht ist das Unglück, deshalb aber ist nicht Mut das Glück, sondern Furchtlosigkeit."
Zuerst muss man sich der Angst annehmen und dem Lebewesen beibringen, wie es damit umgeht. Bei Pferden ist der erste Schritt zumeist, dass man ihnen zeigt, wie sie sich nach einer Aufregung schneller wieder "herunterfahren". Das stärkt zunächst das Selbstvertrauen, weil sie sich subjektiv als kompetenter erleben und erfahren, dass sie dieses schreckliche Gefühl unterbrechen und damit bis zu einem gewissen Grad kontrollieren können. Erst wenn dies geschehen ist, ist der Boden für einen neuen Umgang geebnet.
Aus grenzenloser Angst wird zuerst eingeschränkte, später kontrollierte Angst. Dadurch erlebt sich das Individuum als kompetent, also es erfährt etwas über seine Fähigkeiten. Erst dann kann es beginnen, seine Stärken zu erforschen. Der Mut steht also ganz am Ende eines komplexen Prozesses.
Und erst wenn ein Wesen an diesem Punkt angekommen ist, kann es der Angst aktiv etwas entgegensetzen.

Erst dann wird möglich, was Martin Luther King so wunderschön fordert:
"Wir müssen immer wieder Deiche des Mutes gegen die Flut der Angst errichten."

Sonntag, 4. März 2012

Leben ist nicht genug

Leben ist nicht genug, sagte der Schmetterling:
Sonnenschein, Freiheit und eine kleine Blume 
gehören auch dazu.

H.Ch. Andersen

Was nährt ein Lebewesen? Was brauchen wir, wir alle, die hier auf dieser Erde existieren, um die beste Version unseres Selbst zu leben?
Ich glaube, dass es sehr individuelle Bedürfnisse sind, die jedes einzelne Lebewesen hat, um all das auszudrücken, was in ihm steckt. Was dem einen seine Erleuchtung, ist dem anderen sein Heim oder eine Reise um die Welt oder die Zeit mit seinen Freunden oder ein Ausritt durch den Herbstwald oder...
Ganz egal, in der Quintessenz ist das alles
Sonnenschein, Freiheit und eine kleine Blume.


 

Donnerstag, 23. Februar 2012

Neue Wege

Never change a winning team, heißt es so schön, und dabei meint man mehr als nur das Team nicht zu verändern, sondern das ganze Rundherum, das ganze Paket, das oft jahrelang gut funktioniert hat.
Wir alle sind im ersten Moment wie vor den Kopf gestoßen, wenn etwas, das "immer gegangen ist", plötzlich nicht mehr geht. Dann fängt die intensive Suche nach den Ursachen an. Prinzipiell ist das verständlich und oft auch richtig.
Aber manchesmal gibt es keine erkennbare Ursache, keinen reparablen Defekt - einfach ausbessern, reset und alles ist wieder gut. Gut meint in diesem Falle: So wie vorher.
Gerade in der Beziehung zwischen Lebewesen - und dabei ist es egal, ob Mensch mit Mensch oder Mensch mit Tier interagiert - hat sich ein Konzept manchmal schlicht und ergreifend überlebt. Die Zeit für die alten Muster, die bekannten und oft ausgetretenen Pfade ist abgelaufen.
Zeit für was Neues. Zeit für neue Wege.
Alles, was lebt, entwickelt und verändert sich beständig. (Wenn man den neueren Erkenntnissen der Quantenphysik glaubt, ist das mit allem das existiert so, belebt wie unbelebt.) Natürlich auch wir; und unsere Pferde. Folgt man diesem Gedanken logisch, heißt das, dass sich nach einiger Zeit eigentlich zwei "neue", auf jedenfall zwei veränderte Partner gegenüberstehen. Wie sollte dann das ganze Rundherum von früher noch ganz genauso passen wie einst im Mai? Geht gar nicht. Kann gar nicht funktionieren.
Manchesmal reifen beide, Mensch und Pferd, harmonisch miteinander; dann passiert die Veränderung
unauffällig, in kleinen Schritten. Man wächst, fast unmerklich, miteinander.
Aber mitunter verändert sich bei einem von beiden mehr auf einmal, der andere kann nicht so einfach von selbst Schritt halten. Irgendwann wird dann deutlich, dass "etwas nicht stimmt".
Man kann die Zeit nicht zurückdrehen und so tun, als ob die gemachten Erfahrungen und Erkenntnisse einen nicht verändert hätten. Weder bei uns Menschen noch bei unseren Pferden geht das. Es wäre auch, ehrlich gesagt, schrecklich! Der Tod jeder Entwicklung. Es soll ja ein paar besonders spirituelle Menschen geben, die auch ohne Druck lernen. Aber so wie ich mich - quasi als Prototyp des Normalsterblichen - kenne, braucht es eine Herausforderung, einen gewissen Handlungszwang, um mich aus der Komfortzone des Bekannten, Bequemen zu holen.
Wenn also nix mehr geht, ist es Zeit, die alten Krücken, die alten Konzepte loszulassen.
Einfach etwas ausprobieren, was man noch nie gemacht hat. Etwas überdenken, über das man noch nie nachdenken musste. Etwas zulassen, was einem bisher fremd oder seltsam erschien.
Das Pferd wird es uns danken. Und plötzlich "geht dann was, was noch nie gegangen ist"!

Samstag, 18. Februar 2012

Beziehungsarbeit?

Die Beziehung zwischen Pferd und Mensch ist - wie jede andere Partnerschaft auch - an gewisse Regeln und Übereinkünfte gebunden. Verletzt einer der Partner diese Strukturen zu sehr, kommt es zu Unstimmigkeiten. Das System kommt aus der Balance und muss entweder wieder in das alte Regelwerk zurückgebracht werden oder in ein neues System überführt werden.
Das heißt im Klartext: Wir bereinigen die Zerwürfnisse und streben danach, unsere Beziehung mehr oder weniger so weiterzuführen wie davor.
Oder wir machen etwas Neues.
Manchesmal ist es einfach an der Zeit, neue Wege auszuprobieren. Gerade altgedienten Paaren tut soetwas gut. Das bedeutet keineswegs, dass man Bewährtes über Bord wirft. Ein paar neue Elemente, in die Beziehung eingebracht, wirken oft schon Wunder.
Was ich in den Jahren der Arbeit mit Pferden und ihren Menschen gelernt habe, ist folgendes:
So wichtig es auch ist, ernsthaft miteinander und aneinander zu arbeiten, wie unverzichtbar klare Strukturen, Disziplin und eine gewisse Arbeitsmoral auch sind -
im Grunde geht es einfach nur um die Freude, die zwei Lebewesen miteinander erleben.
Es ist ganz egal, was irgendein anderer darüber denkt und sagt, wie Sie und Ihr Pferd miteinander arbeiten und ob Sie auch "Fortschritte" machen usw. Kein anderer hat Platz in Ihrem Beziehungssystem, es geht einzig und alleine darum, ob sich die zwei Beteiligten, also Roß und Reiter, miteinander wohlfühlen.

Freitag, 17. Februar 2012

Nachdem ich meinen blog jetzt ein ganzes Jahr lang schnöde vernachlässigt habe, melde ich mich wieder zurück!

Wie immer mehr Menschen bemerken, hat sich unser energetisches Umfeld im letzten Jahr bereits massiv verändert - und diese Tendenz hält heuer weiter an bzw. wird noch enorm verstärkt.
Nicht nur wir, auch die Tiere und die gesamte Natur reagiert auf diesen Energie-Shift. Das äußert sich sowohl im physischen wie auch - sogar noch massiver - im psychischen Bereich. Latente Probleme oder ungelöste Themen werden sehr vehement an die Oberfläche bzw. ins Bewußtsein gebracht. Man könnte sagen, dass die im Moment herrschende Energie polarisiert; es kann nichts mehr "neutral auf Halde" liegen bleiben. Die Themen wollen gesehen, bearbeitet und gewandelt werden!
Dies ist bei Menschen wie bei Tieren so und führt dazu, dass es zu einer Beschleunigung sämtlicher Prozesse kommt - im "Guten" wie im "Schlechten", körperlich und seelisch.